Interview mit Harry Weiland, Spezialist für Referenzmarketing

vom: 16.11.09

Harry Weiland ist 43 Jahre alt und von Hause aus Journalist. Er hat viele Jahre für "Werben & Verkaufen" Marketingstrategien von einigen Unternehmen begleitet und beschrieben.

"Vor mittlerweile fünf Jahren erkannte ich, dass besonders das Marketing und der Vertrieb mit Hilfe von Referenzen ein spannendes Thema ist. So habe ich den einzigen Spezialanbieter zu diesem Thema gegründet: casestudies.biz."

Herr Weiland, Sie sind Spezialist für Referenzmarketing: Was ist genau darunter zu verstehen?

Referenzmarketing ist die Unterstützung von Marketing und Vertrieb mit Hilfe von Referenzen. Referenzen sind bestehende, zufriedene Kunden. Es gibt mehrere Ausdrucksformen von Referenzen: Sie können sie in schriftlicher Form präsentieren, in Form von Videos, als Referenzzitate usw. Im Grunde geht es nur darum, dass sich die Zufriedenheit von bestehenden Kunden (Referenzen) auf potenzielle Kunden überträgt.

Das heißt also, diese Referenzen, diese Case Studies, lassen sich auch zur Neukundengewinnung einsetzen?

Aus meiner Sicht sind sie ein ideales Instrument für die Neukundengewinnung, weil es an ganz vielen Punkten des Neukundengewinnungsprozesses ansetzt.

Wie funktioniert das genau? Können Sie das einmal beschreiben?

Es gibt mehrere Stellen, an denen Case Studies und Referenzen zum Einsatz kommen. Der erste Ansatz wäre bei der ersten Kontaktaufnahme. Stichwort "Leadgenerierung". Wenn ich beispielsweise eine Geschichte mit einem bestehenden Kunden ins Internet stelle, diese auf gewissen Portalen darstelle oder auch nur auf der eigenen Webseite präsentiere, habe ich damit einen Köder geschaffen, der für potenzielle Neukunden interessant ist. Ich erzähle, welche Erfolge mein bestehender Kunde mit meinen aktuellen Produkten hat und wecke damit die Aufmerksamkeit meines potenziellen Kunden, ohne dabei selbst all zu viel Gutes über mich zu sagen. Der Clou an der Sache ist, dass mein Kunde über mich spricht und die Botschaft darum viel glaubwürdiger transportiert wird.

Wie sieht ein Beispiel für so eine Case Study aus?

Da gibt es verschiedene Arten. Es reicht manchmal auch schon, wenn sie Zitate Ihrer Kunden besitzen. Allerdings ist das natürlich eine sehr gering ausgeprägte Form. Wir empfehlen die klassische Case Study als Format. Dabei handelt es sich um eine erzählte Geschichte, in der Ihr Projekt bei Ihrem Kunden journalistisch aufbereitet und erzählt wird, mit vielen Informationen, mit lebhaften Zitaten und mit echten Ergebnissen, sprich mit ROIs. Also weniger Reklame, mehr Information.

So eine Fallstudie kann ja eigentlich jeder selbst schreiben, denn derjenige, der mit dem Kunden gearbeitet hat, weiß ja, was er für den Kunden getan hat. Vielleicht könnten Sie ein wenig beleuchten, worin sich gute und schlechte Case Studies unterscheiden oder warum man aus Ihrer Sicht auf professionelle Partner setzen sollte.

Also, der Prozess des Selbermachens ist zu unserem Leidwesen noch sehr stark verbreitet, aber nicht empfehlenswert. Dafür gibt es viele Gründe. Der eine ist der, dass es immer unvorteilhaft ist, sich selbst zu beschreiben. Die meisten Unternehmen sind vertriebsblind und kommen meist nicht auf die Themen, die Externe viel leichter erkennen. Wir entwickeln auch neue Fragen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie überrascht meine Kunden sind, wenn Sie sehen, welche Informationen ich von ihren Kunden erhalte. Also: Außensicht statt Innensicht.

Zweitens sind Außenbeschreibungen immer glaubhafter.

Drittens: Der Prozess läuft bei externer Unterstützung viel schneller und smarter. Wir haben viele Kunden, die das Problem haben, dass sie zwar gerne Case Studies und Referenzen sammeln möchten, es aber aus vielen Gründen nicht schaffen. Dann müssen sie die Kosten ihrer internen Mitarbeiter dafür bedenken und obendrein handelt es sich um eine fachfremde Arbeit. Es gibt sogar Programmierer, die Case Studies schreiben. Natürlich ist das nicht deren eigentliches Geschäft.

Als letzter Punkt: Das Aufbereiten von Texten scheint trivial, ist es aber nicht. Gutes Texten und gutes Berichten von Geschichten, so dass sie überzeugend und verkaufend wirken, ist ein Thema für Spezialisten und sollte deshalb auch diesen überlassen werden.

Wenn ich mir jetzt ein mittelständisches Unternehmen vorstelle, vielleicht mit zehn Referenzprojekten, die an den potenziellen Kunden kommuniziert werden sollen, wie gehen Sie dort vor und was müssen Ihre Kunden in etwa an Zeit und Aufwand kalkulieren?

"Vorgehen" müssen sie gar nicht wirklich. Sie müssen nur diese zehn Kunden isolieren und fragen, ob sie denn dazu bereit wären, für eine Referenz zur Verfügung zu stehen. Das ist die einzige Vorarbeit. Den Rest übernimmt dann der Dienstleister für Sie.

Bei den Kosten muss man immer bedenken, dass eine Fallstudie sehr lange nachwirkt. Denken Sie mal an klassisches Marketing oder an Anzeigen. Das ist meistens mit der nächsten Ausgabe des jeweiligen Magazins wieder verpufft. Von daher sollten Sie die Langfristigkeit einer Fallstudie betrachten. Außerdem gibt es sehr viele weitere Verwendungsmöglichkeiten. Sie können es in der Pressearbeit einsetzen, in Newslettern, im Corporate Publishing usw. Sie bezahlen die Erstellung ein Mal und entwickeln mehrere Varianten der Verwendung. Bei uns gibt es einen Standardpreis, einen Zweiseiter mit allem drum und dran. Da ist das Design dabei, die Recherche, die unter anderem die sehr langwierige Abstimmung usw. Dieser Preis liegt dann bei 1.600,00 Euro. Das ergibt dann eine gute Kosten-Nutzen-Relevanz.

Das heißt, man kann zunächst mit wenigen Projekten beginnen - die Top Projekte, um dann entsprechend alle paar Monate eine neue Case Studie mit dazu zu nehmen?

Genau. Man sollte eigentlich seine ein bis zwei wichtigsten strategischen Produkte mit Case Studies abdecken, um da einfach sicher zu sein. Wenn man dann noch ein paar Glanzkunden hat oder hervorragende Produkte - es kommt ja auch immer ein bisschen darauf an, wie glücklich der Kunde ist und wie er berichtet - kann man sogar darüber nachdenken eine Video Case Studie zu machen, die natürlich viel interessanter und emotionaler ist und das Thema besser rüberbringt. Wenn man allein mal bedenkt, was die Bindung eines bestehenden Kunden wert ist, dann ist das Geld gut investiert.

Jetzt gibt es verschiedene Branchen, die sagen, "wir haben zwar tolle Projekte gemacht, aber wir unterliegen der Geheimhaltungspflicht, wir dürfen unsere Kunden gar nicht namentlich nennen". Was machen denn solche Unternehmen?

Da gibt es noch einige wenige Branchen, aber das sind nicht mehr viele. Auch dort bröckeln die Mauern. Ich rede viel mit Anwälten, bei denen das noch ein Thema ist. Aber auch dort ändert sich gerade sehr viel. Anwälte entdecken gerade Marketing, PR und auch Ihre Kundengeschichten. Ich sage immer, es gibt keinen Grund, wenn der Kunde will und einverstanden ist sein Projekt erklärt zu bekommen, warum er nicht mitmachen sollte. Deswegen ist diese Hürde meistens zu nehmen. Es muss Ihnen natürlich auch gelingen Ihren Kunden von den Vorteilen zu überzeugen. Dort ist es dann auch wieder hilfreich auf externe Unterstützung zu setzen, weil externe Experten die Vorwände bestenst kennen und so effektiver argumentieren können. Denken sie nur mal an den Erfolg, den der Kunde mit so einer Story selbst kommunizieren könnte. Er lässt sich ja beschreiben, wie gut er gearbeitet hat und das allein mag viele schon überzeugen, doch mit zu machen.

Gibt es auch bestimmte Gefahren beim Einsatz von Case Studies?

Es gibt mit unter den Vorbehalt des Referenzgebers, dass dieser nicht an die Öffentlichkeit möchte, um den Wettbewerb nicht auf das Projekt aufmerksam zu machen. In diesem Fall sollten andere (weniger sensible) Themen gewählt werden. Weitere Gefahren gibt es nicht. Sie sollten allerdings die rechtliche Seite berücksichtigen. Sie operieren immerhin mit dritten Marken und mit Rechten von anderen Unternehmen. Das ist ein weiterer Grund dieses Thema an einen Dienstleister auszuwählen, der auch hier entsprechendes Know-how besitzt.

Zum Abschluss, wenn Sie ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern wollen, was sind Ihre Top Tipps zum Thema Neukundengewinnung über Case Studies?

Also grundsätzlich einmal in das Thema einsteigen. Kunden sind, wie ich immer sage, Schatzkisten, die aber in vielen Unternehmen in Schubladen schlummern und nicht instrumentalisiert werden. Also sollten Sie aktiv auf Kunden zugehen, mit ihnen Referenzen basteln, sie auf Messen mitnehmen und sie aktiv nutzen.Dann das ganze Thema strategisch angehen. Also nicht unbedingt überlegen welcher Kunde erzählt, sondern darüber nachdenken, wo ich mit meinen Produkten morgen stehen will. Welche Themen werden morgen aktiv sein und wo möchte ich morgen Kunden gewinnen. Aus dieser Situation heraus nach hintern blicken und schauen, wo ich Geschichten habe, die diese Nachricht übermitteln.

Dann gibt es einen Tipp, den ich an diejenigen richten möchte, die immer noch zu sehr in dem klassischen Case Study Format verbleiben: Es gibt das klassische Case Study Format: Aufgabenstellung / Lösung / Ergebnis. So wird es dann auch in der Regel dargestellt. Das ist aus meiner Sicht ein sehr langweiliges, ein sehr abgenutztes und ein als sehr werblich identifiziertes Muster und Klischee. Ich plädiere dazu echte Geschichten zu erzählen, denn auch im B2B leben Marketing und Verkauf von interessanten und authentischen Geschichten.