Digitale Betriebsratsarbeit: Betriebsrat 4.0

vom: 03.08.20

 

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Für den Betriebsrat ist die Digitalisierung nicht nur in großen Konzernen eine Chance zur Vernetzung.

Die Arbeitswelt geht in großen Schritten auf die Digitalisierung zu. Sowohl Papierlosigkeit als auch digitale Kommunikation bieten neue Möglichkeiten und werfen zugleich Fragen auf. Wie findet beispielsweise die Datenschutz-Grundverordnung Beachtung bei der Digitalisierung? Wie lassen sich die Daten der Mitarbeiter sicher schützen? Welches Recht auf Fort- und Weiterbildungen haben die Mitarbeiter? Wie müssen Ausbildungen im Unternehmen an die neuen Entwicklungen angepasst werden? 

Eigene Position entwickeln

Der Betriebsrat muss im Rahmen der Digitalisierung eines Unternehmens nicht nur den Prozess im Unternehmen begleiten. Er muss zugleich eine eigene Position für seine Tätigkeit entwickeln. Drängende Fragen für den Betriebsrat sind dabei: 

Die folgenden Bereiche werden durch die Digitalisierung neu definiert: 

  • Arbeitszeit
  • Arbeitsplatz
  • Gesundheitsschutz
  • Datenschutz
  • Personalentwicklung
  • Lohnentwicklung und Vergütungsmodelle
  • Qualifizierung der Arbeitskräfte

Die Aufgabe des Betriebsrates ist es an diesen Stellen eine durchdachte Perspektive für einen sozialverträglichen digitalen Wandel für das Unternehmen zu entwickeln. Neben der wirtschaftlichen Situation und dem Branchenwandel muss der Betriebsrat die teilweise sehr unterschiedlichen Interessen aller Mitarbeitenden gleichwertig in seine Vision einbeziehen. Nicht für alle Berufsgruppen innerhalb eines Unternehmens lässt sich die Digitalisierung gleichwertig umsetzen. Umso wichtiger ist eine gute Vertretung durch den Betriebsrat. 

Digitalisierung ermöglicht flexible Arbeitsorte

Eine digital vernetzte Arbeitswelt macht Arbeiten an unterschiedlichen Orten möglich. Produktionen lassen sich ortsunabhängig überwachen. Ein gemeinsamer Arbeitsort rückt damit in vielen Branchen in den Hintergrund. Für den Betriebsrat ermöglicht das beispielsweise, das auch der Betriebsrat sich digital aus dem Homeoffice treffen kann. Eine Vernetzung bei international oder national arbeitenden Unternehmen von unterschiedlichen lokalen Betriebsräten wird hierdurch deutlich leichter. Die Kommunikationswege müssen zugleich geschützt werden, damit nicht unrechtmäßig in die Kommunikation eingegriffen werden kann. 

Bei den Arbeitsthemen wird das Recht auf Homeoffice durch die neuen Möglichkeiten ein aktuelles Thema in vielen Branchen. Gibt es ein Recht auf Homeoffice? Welche Verantwortung haben Arbeitgeber und zu was ist der Arbeitnehmer verpflichtet?

Digitalisierung = Überwachung?

Wer sich digital vernetzt, ermöglicht digitale Überwachung. Arbeitszeit- und Arbeitsergebniskontrollen, das Orten von Mitarbeitern oder das Erstellen von Bewegungsprofilen: Digitalisierung öffnet Türen zur betrieblichen Überwachung. Es entstehen Grauzonen, wenn   dienstliche Kommunikationsmittel zur privaten Kommunikation geduldet oder private Kommunikationsmittel dienstlich genutzt werden. Seien es Laptop, PC, Handy oder ein Email-Account – eine geduldete Mischnutzung macht klare rechtliche Vereinbarungen notwendig. 

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Technik ermöglicht Überwachung. Der Betriebsrat ist für den Schutz der Mitarbeitenden zuständig

Zugleich fordert es eine datenschutzrechtliche Kontrolle, damit die Rechte der Mitarbeiter nicht durch digitale Überwachung verletzt werden. § 75 BetrVG verpflichtet Betriebsrat und Arbeitgeber, die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers im Betrieb zu schützen. Ein gerade in der Digitalisierung wichtiger Punkt ist der Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre.  

Rechte zum Arbeitnehmerschutz

Die Digitalisierung fordert einige Konkretisierungen des Sozialrechts. Gibt der Arbeitgeber auf, den Arbeitsort und die klare Arbeitszeit zu bestimmen, fordert das beispielsweise eine neue Abgrenzung zur Scheinselbstständigkeit. Der Versicherungsschutz des Arbeitnehmers verändert sich. Denn die bisherigte Definition der gesetzlichen Unfallversicherung hinsichtlich Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten passt durch das Homeoffice nicht mehr. Für die Zufriedenheit der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz ist der Arbeitnehmerschutz wichtig und Veränderungen sollten vom Betriebsrat gut überwacht werden. 

Technische Überwachungseinrichtungen

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG muss der Betriebsrat nicht nur über alle technischen Überwachungseinrichtungen informiert werden, sondern entscheidet mit über deren Notwendigkeit. Nur wenn der Betriebsrat zustimmt, dürfen Überwachungsgeräte aufgestellt und in festgelegten Zeiträumen genutzt werden. Jegliche Änderungen müssen vom Betriebsrat bewilligt werden. Dies gilt für alle technischen Anlagen, mit denen das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überprüft werden können. Dazu gehören zum Beispiel: 

  • GPS-Geräte
  • RFID-Transponder
  • Kamera
  • Telefondaten
  • Tonbandaufnahmen
  • persönliche Codenummern für Fotokopierer
  • biometrische Zugangskontrollen
  • Software zu Überwachung der PC-Nutzung
  • automatisierte Speicherung von Emails
  • Es gilt das bestehende umfassende Unterrichtungsrecht nach § 80 BetrVG.

Datenschutz – Eine Sache des Betriebsrats

Ein wichtiges Thema für den Betriebsrat ist der Datenschutz. Da die Digitalisierung der Arbeitswelt lange nicht abgeschlossen ist, ändern sich die Verordnungen hierzu beständig. Wie genau die Beteiligung des Betriebsrates an dieser Stelle aussieht, ist in vielen Unternehmen unklar. Wenn Unternehmen Änderungen an der IT vornehmen, muss der Betriebsrat für den Datenschutz involviert sein. Seine Aufgabe ist es, die Überwachung durch die IT auf das Nötigste zu beschränken. Dafür sind spezifische Vereinbarungen in den folgenden Bereichen notwendig: 

•Länge der Aufbewahrung, Vernichten, Löschen sowie die Anonymisierung von Daten der Beschäftigten

•zulässige Verwendungszwecke von gesammelten Daten

•Zugriffsberechtigungen

•Transparenz bei den Überwachungsdaten gegenüber den Betroffenen 

Moderne Mitbestimmung

Nach dem BetrVG sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates hinsichtlich der Digitalisierung genau geregelt und hier kurz die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Personalbereich

§ 99: Mitsprache beim Einstellen eines Datenschutzbeauftragten

§ 92: Veränderungen im Personalbedarf

§ 92a: Sicherung von Arbeitsplätzen

§§ 96-98: Recht auf Weiterbildungen sowie Anpassung der Ausbildung an neue Arbeitsmarktbedingungen

Sozialer Bereich

§ 87 Absatz 1 Nummer 2: Klärung von Fragen zur Arbeitszeit bezüglich mobiler Arbeit

§ 87 Absatz 1 Nummer 6: Erfassen von Betriebs- und Leistungsdaten

§ 87 Absatz 1 Nummer 7: Gesundheitsschutz bei veränderten Arbeitsbedingungen

Arbeitsplatz- und abläufe

§ 90: Änderungen der technischen Anlagen

§ 90: Änderungen der Arbeitsverfahren

§ 90: Veränderungen der Arbeitsplätze

§ 90: neue Arbeitsabläufe

§ 91: Abwenden von Belastungen durch Veränderungen

Digitalisierung als Chance verstehen

Für den Betriebsrat ist die Digitalisierung eine Herausforderung, da viele Graubereiche eine neue Definition brauchen. Bereitet sich ein Betriebsrat auf diese Herausforderung vor und bilden sich die einzelnen Mitglieder entsprechend fort, ist die Digitalisierung eine Chance. Sie kann in einigen Berufsgruppen zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familie beitragen, die Arbeitswelt flexibler gestalten, Vernetzung und Austausch innerhalb eines Unternehmens fördern und die Umweltbilanz verbessern. Entwickelt ein Betriebsrat eine eigene Vision von einem sozialverträglichen Unternehmen trägt er entscheidend zur Verbesserung der Arbeitswelt bei. 

 

 

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