Vertrieb mit Referenzen I: Überzeugen mit Zeugen

vom: 08.04.10

Die Neukundengewinnung mit Referenzen ist der Königsweg in Sachen New Business. Referenzmarketing ist wichtig, wertvoll und funktioniert. Diese Tatsachen haben sich mittlerweile hierzulande herumgesprochen, auch wenn Deutschland beim Einsatz von „Zeugen für das Überzeugen“ in Vertriebsprozessen noch Entwicklungsland ist und das Instrument - etwa in den USA – intensiver, strategischer, und effizienter eingesetzt wird.

Die erfolgreiche Arbeit mit Referenzen setzt voraus, dass das Instrument nicht zufällig, sondern strategisch eingesetzt wird. Gerade das Spiel über die Bande, das Arbeiten mit Dritten, die die eigene Botschaft transportieren sollen, verlangt mehr Intelligenz. Dazu gehören Regeln, Mechanismen und Prozesse. Der strukturierte Umgang mit Referenzen fängt bei der Auswahl derselben an. Kunden, sprich mögliche Referenzen, sollten nach strategischen Gesichtspunkten gewählt werden. Welche Unternehmensgröße repräsentieren sie, welche Branchen decken sie ab, für welche Regionen stehen sie?

Wichtig ist dabei auch die Frage, wohin der Vertrieb eines Unternehmens hin will. Der Vertriebs- oder der Marketing-Mensch auf Referenz-Suche sollte sich also nicht nur die Frage stellen, wo sein Unternehmen in den vergangenen Jahren erfolgreich war, sondern wo es künftig hin will. Welcher bestehende Kunden hat die Ausstrahlung, um kommende Kunden zu überzeugen?

Auch wichtig: Ist die Referenz eventuell unbrauchbar, weil sie in direkter Konkurrenz zu potenziellen Neukunden steht? Im Idealfall entwickelt ein Unternehmen eine Matrix aus Referenzen, die Ziel-Branchen, Unternehmensgrößen und bestimmte Regionen abdeckt. Man könnte es auch so formulieren: Man braucht einen Werkzeugkasten, der für jeden Fall das passende Tool bereit hält.

Referenten überzeugen

Sind Referenzen nominiert, geht es darum, die Referenz davon zu überzeugen, als solche zur Verfügung zu stehen. Vertriebler und Marketiers scheitern gerne mal an der Stelle, was nicht sein muss, denn sie haben gute Argumente. Wer eine Referenz gibt, rechtfertigt immer auch seine eigene Arbeit/Entscheidung, denn der Referenzgeber persönlich steht schließlich für die Beziehung zum Dienstleister. Referenzgeber können also beispielsweise Referenzberichte ideal für die Dokumentation ihrer eigenen Arbeit nutzen - gegenüber Vorgesetzten aber gegenüber anderen Unternehmensteilen im Sinne des Wissenstransfers.

Referenzen sind zudem Geschichten mit einem Happy End – sie werden von jedem gerne gelesen, also was spricht gegen sie? Und letztlich bedeuten Referenzen auch immer Öffentlichkeit für das referenzgebende Unternehmen. Natürlich haben Referenzgeber Aufwand. Es muss gelingen, ihn in vertretbarem Masse zu halten. Keine Referenz darf überstrapaziert werden.

Referenzen müssen glaubwürdig sein

Bei der medialen Umsetzung von Referenzen ist es wichtig, einen Grundsatz zu beachten: Glaubwürdigkeit. Eine Referenz, die nicht glaubwürdig ist, ist wertlos. Sie wirkt nicht. Übertriebenes Lob, pauschale Aussagen („Unternehmen XY arbeitet hervorragend“) sind wenig glaubwürdig. Man merkt, dass sie dem Marketing entspringen, nicht der ehrlichen Überzeugung des Referenzgebers. Darum taugt auch die viel genutzte Methode nichts, Referenzen selbst vorzuformulieren und sie dann vom Referenzgeber absegnen zu lassen. Die Nicht-Authentizität darin ist spürbar.

Besser ist es – sowohl in einzelnen Zitaten, als auch in ganzen Referenzberichten - Inhalte in den Vordergrund zu stellen, sprich von der gemeinsamen Arbeit zu berichten. Der potenzielle Kunde will kein Lob hören, er will Informationen auf Fachebene finden, die ihn weiter bringen. Sind die Informationen wertvoll und nützlich und die Ergebnisse positiv, spricht das für sich. Der Interessent, der von einer Referenz überzeugt werden soll, kommt auf das gewünschte Ergebnis. Nicht, indem er darauf gestoßen wird, sondern indem er die Konklusion selbst zieht. Das funktioniert besser als jedes direkte Lob. Vor allem Marketiers müssen hier über ihren Schatten springen.

Zur kompromisslosen Glaubwürdigkeit gehört auch, dass Lernkurven, negative Bestandteil von Projekten und Kundenbeziehungen nicht verschwiegen werden. Nichts funktioniert zu 100 Prozent. Die Rubrik mit den „Lessons Learned“ gehört darum zu jeder funktionierenden Referenzdarstellung. Darum darf man auch keine Angst davor haben, dass ein potenzieller Kunde sich direkt mit der Referenz in Verbindung setzt. Das ist der eigentliche Sinn und Zweck von Referenzmarketing, und - wenn das Produkt stimmt – das Beste, was einem Unternehmen passieren kann.

Beim Einsatz von Referenzen machen viele Unternehmen Fehler. Ihr Einsatz erfolgt nicht strukturiert und er ist nicht in die Vertriebsprozesse eingebunden. Da liegen Referenzen auch mal unkoordiniert auf einem Netzwerk-Speicher. Wenn es gut läuft, weiß der Vertriebsapparat zumindest, dass es welche gibt. Aber ihr Einsatz ist vom Prinzip Zufall abhängig.

Im Best-Practice-Fall ist bereits die Nominierung von Referenzen in einen festen Prozess eingebunden. Key Accounter und Vertriebler können Kunden für die Referenzrolle vorschlagen und setzen danach einen festgelegten Prozess in Gang, inklusive Einholen einer Referenzkundenvereinbarung, der Produktion von Referenzmaterialien (Zitat, Case Study print, Video, Fachvortrag) und der abschließenden Belieferung des Referenzgebers mit dem erstellten Material und des Dankes für seine Mitarbeit. Das klingt banal, ist aber nicht selbstverständlich.

Beim richtigen strategischen Einsatz von Referenzen müssen Fragen beantwortet werden wie:

  • Wo genau setzt der Vertrieb das Instrument im Verkaufsprozess ein, wann spielt er die Trumpf-Karte? Bei der Lead-Generierung, im zweiten Schritt zur Lead-Festigung oder erst in der Ausschreibung während des Short-Listings?
  • Hat der Vertrieb schnellen Zugriff auf alle Referenzen? Muss er – etwa im Falle eine eiligen Ausschreibung – einen aufwändigen Produktionsprozess anwerfen, der ihm passende Case Studies liefert oder kann er hier auf hochwertige, schon erstellte Case Studies zurückgreifen?
  • Welche Maßnahmen der Qualitätssicherung gibt es? Wie bekommt der Vertrieb mit, was in den Referenzprojekten geleistet wird, wie kann er dazu beitragen, dass künftige Referenzen wirkungsvoll genutzt werden?
  • Welches Reporting liegt hinter den eingesetzten Tools? Und schließlich muss sich ein Unternehmen auch um den Aspekt kümmern, dass Referenzen nicht überstrapaziert werden. Kein Referenzgeber toleriert tägliche Anrufe von Interessierten. Eine Kontakthistorie ist darum unerlässlich.

Der konsequente Einsatz von Case Studies in bestimmten Phasen im Verkaufsprozess erleichtert die Neukundengewinnung von der Kaltakquisition bis zur Platzierung konkreter Ideen und Wertschöpfungsansätze. Der adressierte Kunde sieht sofort, dass es sich um einen wirklichen Mehrwert handelt, den ihm der Anbieter vorstellt.

All das bedeutet Aufwand. Große Unternehmen in der Informationstechnologie, wo das Referenzmarketing traditionell eine große Rolle spielt und Referenzen auch mal Vertriebler als Informationsquelle vorgezogen werden, haben dazu nicht nur Software für das Referenz-Management im Einsatz, sondern sie beschäftigen Mitarbeiter, die sich um nichts anderes kümmern, als das Referenz-Wesen im Unternehmen zu organisieren. Sie bestücken die wertvolle Werkzeugkiste, sie misten sie aus und rüsten sie nach so dass sie immer die richtigen und aktuellen Tools enthält. Das ist Arbeit, aber welche, die sich lohnt.